Ohne Power keine Vereinbarung von Kind und Karriere
Ich bin eine Powerfrau! Das möchte ich gar nicht in Frage stellen. Das steht vielmehr außer Diskussion. Denn ganz ohne Power wird keine Frau Kind und Karriere überhaupt verbinden können.
Wenn ich vom Mythos Powerfrau schreibe, dann meine ich damit, das Hollywoodbild der Frau bei alles “ja so perfekt“ läuft: die Karriere macht und sich selbstverständlich nebenbei noch 24 Stunden liebevoll und aufopfernd um die Kinder kümmert. Bei der es immer nach frisch gebackenem Kuchen riecht, die nur Bio kocht und das Gemüse natürlich selbst anbaut. Die sich im Elternbeirat stark macht und als Lesemutter die Schule besucht. Die immer ein offenes Ohr bei Problemen hat. Bei der es einfach keinen Staub in der Wohnung gibt, geschweige denn von klebrigen Böden oder überquellenden Dreckwäschekörben. Bei der alle T-Shirts gebügelt sind und der Kinderpullover immer zur Hose passt. Deren Kinder (mindestens 3 natürlich) nur gute Noten schreiben – weil Mama mit ihnen Hausaufgaben macht! Die sich zudem noch liebevoll um die alternden eigenen Eltern, Großeltern und Tanten kümmert. Die selbst immer aussieht, wie frisch aus dem Urlaub, immer Zeit für eine Tasse Kaffee und ein Stückchen von dem frisch gebackenen Kuchen hat. Die selbstverständlich täglich joggt, Yoga praktiziert, sich künstlerisch ausdrückt, ihren Hobbies nachkommt und 3 Liter frisches Quellwasser trinkt. Diesen Mythos meine ich!
Und siehe da, ich hatte den Partner ganz vergessen. Diesen unterstützt sie ebenso tatkräftig wie aufopfernd, gibt ihm die Freiheiten, die ein Mann eben so braucht, serviert ihm nach seinem anstrengenden Arbeitstag, anerkennend und liebevoll ein herrliches Essen im Kerzenschein, bevor sie ihm im Anschluss zeigt, was wahre Liebe ist.
Liebe Frauen lasst uns aufhören an diesen Mythos zu glauben. Den gibt es nicht. Nicht mal in Amerikanischen Spielfilmen. Denn das ist schlichtweg unmöglich. Also macht Euch das bewusst, immer wieder bewusst! Ihr könnt nicht gleichzeitig in einem Meeting mit eurem wichtigsten Kunden sitzen und zur selben Zeit mit Euren Kindern gemeinsam die Hausaufgaben erledigen. Während ihr einen Kuchen backt, könnt ihr keinen Yogakurs besuchen oder mit dem Nachwuchs auf dem Spielplatz toben.
Dass sei alles nur eine Frage der guten Organisation, heißt es dann gerne. Ich sage Euch, selbst die meisten Erziehungsratgeber wurden von Menschen geschrieben, die nie mehr als ein paar Stunden am Feierabend, Wochenende oder im Urlaub mit ihren Kinder zusammen waren – sofern überhaupt welche vorhanden sind. Sie haben den realen Alltag häufig nie erlebt. Saßen nie völlig übermüdet am PC, weil nachts ein Kind zahnte, fieberte oder vor Liebeskummer halb zerfloss. Mussten nie ein Kundentelefonat mit den Worten „Oh Gott, ich muss mein Kind abholen!“ beenden oder einen Termin verschieben, weil kurzfristig ein Elternabend oder die Windpocken dazwischen kamen. Glaubt mir, sie kennen das wahre Leben nicht! Ich spreche da aus eigener Erfahrung. Denn auch ich war bis zu Geburt meiner eigenen Kinder so eine schlaue „Teilzeitmutter“. Jedes zweite Wochenende kam die Tochter meines Mannes zu uns. Und ich sage euch, es gibt einen himmelweiten Unterschied zwischen „ab und zu“ und immer!!!
Outsourcing heißt eine weitere Devise. Ihr könnt eine Putzfrau einstellen, eine Nanny engagieren, eure Kinder in die Hausaufgabenbetreuung schicken, ja ihr könnt sogar eine Köchin, einen Gärtner oder einen Chauffeur beauftragen damit eure Kids rechtzeitig beim Fußballtraining erscheinen.
Nur selbst mit dem Personalaufwand, wie es im Hause Beckham oder von der Leyen, zum Minimum gehört, wird ein ganz wichtiger Punkt auf der Strecke bleiben: die gemeinsame Zeit mit den Kindern.
Also scheint auch diese Entlastung nicht die wahre und perfekte Lösung des Problems zu liefern. Denn irgendetwas bleibt immer, mehr oder weniger, auf der Strecke. Entweder der Job, die Kinder, der Partner, der Haushalt, die Schule, der Garten, das soziale Engagement, der eigene Körper oder die Selbstverwirklichung. Umso schneller uns das bewusst wird, umso schneller wir die Unmöglichkeit akzeptieren, dass „perfekt nicht möglich ist“, umso schneller sind wir offen für unseren eigenen, ganz persönlichen Weg, können wir unsere Kraft, Energie und Liebe in die Dinge stecken die uns wirklich wichtig sind. Im Gegenzug können wir mit Sicherheit über das ein oder andere „Liegengebliebene“ hinweg sehen. Meist wird es ohnehin das sein, das uns im Grunde nicht so wichtig ist. Bei mir ist das der Haushalt.
Ich würde mir wünschen, dass wir uns alle ein wenig mehr von dieser Offenheit erlauben und nicht immer versuchen alles perfekt zu machen. Ich möchte sehen, dass es auch bei Anderen nicht immer aufgeräumt ist, dass die Möhren und der Geburtstagkuchen auch mal aus dem Discounter kommen, dass Mütter abends müde sind, sich mal nicht zum Sport aufraffen können, ich freue mich über Kinder denen man ansieht, dass sie ihre Kleidung selbst zusammengestellt haben und über Väter die nicht nur wissen wie die Waschmaschine funktioniert, sondern diese auch benutzen.